Sommer 2019

Im September wird häufig die Frage gestellt "was hast du diesen Sommer gemacht?". Meine diesjährige Antwort darauf, das Leben hat immer Überraschungen zu bieten und kommt immer anders als geplant...

Geplant war ein völlig freier Sommer mit dem Magnus in den Alpen. Nun ja, ganz so anders ist es nicht gekommen, nur sind es statt den Westalpen die Karnischen und Julischen Alpen geworden.

Kurzfristig entschlossen wir uns diesen Sommer in Magnus seiner Heimat zu verbringen und quartierten uns in Ferlach bei seinen Eltern ein. Der große neue Plan: Mangart, Jalovec und Triglav jeweils über die Nord- bzw. Westwand.

Zuerst aber zeigte mir der Magnus die Berge vor seiner Haustür. Die Koschuta bekletterten wir über den Koschutnikturm und über die Melakoschuta, die Vertatscha wurde über den langen Grad vom alten Loibl aus bestiegen. Es ist Urlaub pur wenn man nach einem langen Klettertag nach Hause kommt und bereits das Essen auf dem Tisch steht und an den Rasttagen mit selbstgemachten Kuchen verwöhnt wird. Auch die Ruhe in Ferlach ist für uns geplagte-neben-der-Straße-Wohnenden einfach nur eine Wohltat.

Doch um unser Ziel, die drei slowenischen Flaggenberge, zu erreichen mussten wir die Gemütlichkeit aufgeben, früh aufstehen, lange Zu- und Abstiege, so wie wilde, meist schlecht gesicherte, Routen in Kauf nehmen.
Um nicht sofort ins kalte Wasser zu springen begannen wir mit dem leichtesten, der Mangart Westwand über die WM06, eine gut gesicherte wunderschöne Sportkletter-Mehrseillängenroute, mit einem kurzen Zu- und Abstieg. Das einzige Manko, die Tour führt nicht auf den Gipfel sondern auf einen vorgelagerten Turm von dem man noch eine Stunde über den Klettersteig auf den Gipfel benötigt. Herrliche Kletterei erwartete uns und trotz den Andranges über den Normalweg, waren wir den ganzen Tag alleine in der Westwand. Neben dem Gipfelkreuz stehend blickten wir voller Vorfreude nach Westen zu Jalovec und Triglav.

Zwei Tage später standen wir auf dem Jalovec und blickten zum Mangart zurück. So einfach und unabenteuerlich dessen Westwand war, desto anstrengender war die Comici-Kante auf den Jalovec. Drei Stunden Zustieg durch wildes Geröll, dann weiter über einen langen Vorbau, bis endlich die Kletterei beginnt. War am Mangart noch alles mit Bohrhacken gesichert, so mussten wir hier froh sein, dass ein paar alte Normalhacken zugegen waren. Doch dafür war die Kletterei um vieles einfacher und es war ein Genuss die Kante zu erklimmen. Jedoch war der Genuss für meinen Geschmack viel zu kurz, da wir nach wenigen Seillängen wieder im Gehgelände landeten und wir gemeinsam mit ein paar Steinböcken zum Gipfel aufstiegen. Schwer geschlaucht fielen wir nach dem langen Abstieg ins Bett.

Nun fehlte noch die Triglav Nordwand, welche mit ihren1000 Metern, die größte Herausforderung darstellte. Motiviert durch die vorherigen Erfolge stiegen wir in eine der schwereren Routen ein (Metropolis), doch bereits nach der 4. Seillänge waren Stunden vergangen und die Kletterei selbst in diesen "leichteren" Seillängen anhaltend schwierig. Deshalb entschieden wir uns in die Helba auszuweichen. Es war eine gute Entscheidung, den mit 7+ bewertet ist auch die Helba immer noch eine sehr große Herausforderung und die Wand scheint kein Ende zu nehmen. Mit Einbruch der Nacht erreichten wir den Vorgipfel und diskutierten eine Stunde ob wir nun biwakieren sollten, um am nächsten Tag den Hauptgipfel zu besteigen, oder im Schein unserer Handytaschenlampen absteigen sollten. Wir entschieden uns für die zweite Variante und verzichteten so auf den Gipfel des Triglav. Müde und unter einem wunderschön glitzernden Sternenhimmel wanderten wir nach unten. Immer wieder setzten wir uns und blickten in das Sternenzelt. Nur mühsam erhoben wir uns wieder und motivierten uns zum Weitergehen.
Glücklich und zufrieden trafen wir beim Auto ein und genehmigten uns nach einem kalten Mitternachtsbad im Bach ein Bier. Spätestens nach dem ersten Schluck Bier wussten wir, dass der Abstieg besser war als ein kaltes Biwak am Vorgipfel.

Unser Ziel war erreicht, glücklich kehrten wir nach Ferlach zurück.
Es ist immer wieder spannend, dass es nie lange dauert, bis die Strapazen einer Tour vergessen sind und neue Ziele im Geist erscheinen. So anstrengend und herausfordernd es jedes Mal ist, desto größer ist der innere Frieden während und nach so einer Route. Es gibt kein Vorher oder Nachher. Alles ist weit weg. Das was zählt, ist der Moment, der Partner, die nächsten Seillängen. Von solchen Tagen kann ich lange zehren, fühle mich frei und vollkommen.

Wir kletterten noch einige coole Routen (z.B.: Diedocozzolino - Mangart di Coritenza) und verbrachten noch eine Woche im Friaul bevor es wieder Richtung Tirol ging.
Ein Sommer voller wunderschönen Begegnungen mit Menschen und Bergen geht zu Ende.

Piz Ciavazzes

Blick auf die Marmolada

Binchen beim Klettern (Piz Ciavazzes)

gewaltiger Ausblick von den Cinque Torri oben
und unten Genusskletterrei auf einen der Türme


Koschutnikturm

Comici-Kante Jalovec




Geniale Verschneidungstour "Deyes-Peters" links vom Wischberg






Endlich findet die 1000m hohe Nordwand der "Mangart di Coritenza" ein Ende




Herrliche Kletterei am Sella Nevea

Nun ist entspannen angesagt



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