Great America

Amerika ist das Land der Superlative. Angefangen bei der Mandelmilch, die dafür gemacht wurde um Großartig zu sein („Made for greatness“) und die „killer“ Geschmack garantiert, bis hin zu den Nationalparks die scheinbar unendlich und einzigartig sind. Wenn man einen Kletterführer durch liest steht nicht nur einmal bei der Beschreibung dabei, dass es sich um „DIE beste Route der Welt“ handelt. Sämtliche Bars, Bäckereien werden von einem Schild geziert, worauf „WORDL FAMOUS“ steht. Nun ja, wer von euch hat noch nicht von der „Schat’s“ Bäckerei oder „Rusty’s Saloon“ gehört?

Die Nationalparks stellen einen krassen Gegensatz zum restlichen Land dar. Städte, Straßen, überall Müll, Gated Communities (abgezäunte Siedlungen) in allen Klein- und Großstädten, grüne Golfplätze in der Wüste, Einkaufszentren, Fastfood Restaurants, leuchtende Reklametafeln und viele arme Menschen auf der Straße. Hier sieht man alle auswüchse unserer Konsumgesellschaft und alle Themen die ich im Geographiestudium gelernt habe werden hier live gezeigt. Durch dieses erleben von dieser krassen Abgrenzung von öffentlichen und privaten Räumen bekomme ich einen ganz anderen Bezug zu diesen Phänomenen.

Noch nie in meinem Leben habe ich darüber nach gedacht, ob ich gegen Waffen bin oder nicht. Es gab einfach keinen Grund dafür. Hier ist es so normal, dass jeder mindestens eine Waffe besitzt. In Moe’s Valley, wo wir die letzte Woche beim Bouldern waren, hörten wir ständig Schüsse und sahen einige Einschusslöcher in den Felsen. Im Führer stand sogar, dass man sich bemerkbar machen sollte, damit niemand auf versehen auf einen schießt. Ein Freund (Amerikaner), den wir hier kennen gelernt haben, hat uns gefragt, ob wir mit ihm schießen gehen möchten und ich war total entsetzt. Wieso sollte ich das wollen? Erst da wurde mir bewusst, dass ich nie im Leben eine Waffe benützen möchte, nicht mal zum Spaß. Immerhin ist Dart spielen mit mir schon gefährlich genug. Also, ich bin gegen Waffen, für mich sind sie ein Kriegsinstrument oder im positiven Sinne für Jäger bestimmt. Und für den Sicherheitssektor (Polizei etc) ist es auch ok, wenn es unbedingt notwendig ist. Doch hier ist auch das Sicherheitspersonal (Ranger, Officers, Highway Patrol…) ausgerüstet als ob sie gerade in einem besetzen Land wären: Schusswesten, zwei bis drei Waffen und noch einiges von dem ich nicht mal weiß was es ist. Steigt die Sicherheit wirklich durch die Präsenz von Waffen? Hier gehört es zur Kultur eine Waffe zu besitzen und es ist wirklich spannend mit einem Amerikaner über dieses Thema zu diskutieren. Ich glaube, dass eine Waffe einer Person ein Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit gibt, was auch sehr schnell gefährlich sein kann, wenn diese Dinger bei labilen oder einfach bei unerfahrenen Personen landen.

Die Nationalparks sind im Vergleich zum restlichen Land gepflegt und überall wird brav Müll eingesammelt. Es gibt tausend Regeln die man zum Wohle der Natur einhalten sollte. Viele Parks (Yosemite, Zion) werden von Menschenmassen überrollt und können die Infrastruktur nur schwer aufrechterhalten. Staus sind die Regel und die Ruhe der Natur findet nur wer weit wandert. Doch die Menschen haben Recht. Alle Nationalparks in denen wir bis jetzt waren glänzten von atemberaubender Schönheit. Heute sind wir in Zion angekommen und wanderten staunend umher. Die Felsen ragen in den Himmel und die Farben sind einzigartig. Ein Kunstwerk der Natur, wie man so gern sagt. Amerika hat eine unglaublich schöne und abwechslungsreiche Landschaft wie ich sie noch nie gesehen habe. Kein Wunder, dass die meisten Amis noch nie auf einem anderen Kontinent waren, es braucht mehr als ein Menschenleben um all die Schönheiten in ihrem eigenen Land zu entdecken. Und das Reisen ist so einfach.

Viele Kletterer leben und reisen hier so wie wir es machen, als so genannte „Dirtbags“. Menschen die ihrer Leidenschaft folgen und am Rande der Gesellschaft leben. Moderne Dirtbags leben in ihren Autos, Vans oder Trailer. Sie suchen immer nach gratis Campingplätzen (National Forest Land), sind meist gut informiert was erlaubt ist und dehnen die Regeln meist etwas aus. So wie wir, wenn wir in den Redrocks zu Zehnt auf einer Campsite hausten. Die Regel ist: Es darf nur auf dem grauen und nicht auf dem roten Schotter geparkt werden. Zudem dürfen die Autos nicht in die Straße hinaus stehen. Diese zwei Regeln haben wir immer eingehalten und so hat jeder von uns nur $ 1,5 pro Nacht gezahlt und die Ranger haben nichts dagegen tun können. Überhaupt sind Ranger die absoluten Feinde der Climbing Dirtbags was in dem Film „Valley Upraising“, welchen ich jedem nur empfehlen kann, gut gezeigt wird.

Dirtbags tauschen sich immer untereinander aus und so wird schnell heraus gefunden wo gratis oder für wenig Geld geduscht werden kann oder wo es möglich ist zu dumpstern (Containern).
Apropos Dumpstern! Bei uns ist es ja schon gar nicht mehr möglich hinter den Supermärkten im Müll zu wühlen, da alles abgesperrt und überwacht wird. Zu Beginn meiner Studienzeit war es in Innsbruck noch bei einigen Geschäften möglich, doch nun geht es nirgends mehr. Beim Dumpstern ist mir wieder bewusst geworden, wie krank unsere Gesellschaft ist. Es wird so unendlich viel Essen einfach in den Müll geworfen und das alles nur, weil ein Ablaufdatum drauf steht und zu viel produziert wird. Wie viel Energie kostet es, ein Produkt zu produzieren, es dann zu verfrachten, zu lagern, in den Müll zu werfen und es dann zu entsorgen. Jeder der den Magnus und mich kennt, weiß, dass wir sehr viel wert auf gesundes Essen legen. Dumpstern bedeutet nicht, irgendeinen Müll zu Essen. Wir haben Brot gefunden, das erst Ende Jänner abläuft. Obst und Obstsäfte die noch komplett frisch waren.

Seit dem wir Dumpstern waren gehe ich wieder bewusster durch einen Supermarkt und schüttle nur den Kopf bei so viel Überfluss. Es ist noch nicht lange her, dass alles aufbewahrt und verwertet wurde. Doch wie schaffen wir es, das System zu verändern? Ablaufdaten abschaffen, Konsum einschränken, noch gute Lebensmittel an Gemeinnützige Organisationen verschenken… es gibt ein paar Ideen und ich hoffe, dass es ein paar schlaue Köpfe gibt, die es schaffen unsere Lebensmittel Müllproduktion zu minimieren.



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